„Obdachtlosenzeitung, die Obdachtlosenzeitung“ schallt es laut neben mir. Schnellen Schrittes bewege ich mich in der Mittagspause um noch etwas zu erledigen. Da steht er, mit einer Zeitung in der Hand und schreit sich die Seele aus dem Hals. Soll ich die Zeitung annehmen? Muss ich um meinen Geldbeutel fürchten ? Wie soll ich ihn ansprechen ? Ist der vielleicht krank? Ich bin erstmal weiter gegangen.
Ich habe ihn dann ein andermal wieder gesehen, wieder schreit er und die Leute ignorieren ihn. Behandeln ihn wie einen Aussätzigen oder ein Ding.
Ich gebe mir ein Ruck, kram ein 2 € Stück raus und mache halt bei ihm. Er sieht meine Unsicherheit und lächelt leicht. 1.60 sagt er. Ich drücke ihm die 2 Euro in die Hand und bedanke mich artig und bin dann wieder verschwunden.
Beim nächsten Mal sehe ich ihn wieder. Mittlerweile kennen wir uns schon, ich frage ihm nach dem Wetter. Er lächelt erneut. Wie er sich wohl fühlt, so alleine auf der Strasse?
Das nächste Mal sehe ich ihn wieder. Er erinnert mich daran, dass es nicht jedem gut geht. Ich frage ihn nicht nach seiner Geschichte. Hätte ich das tun sollen? Geht es mich etwas an?
Und dann sehe ich ihn wieder. Es ist kalt. Das Fest der Liebe naht, die Einkaufstaschen schwer und die Leute halten noch mehr Abstand von ihm. Ich habe den Impuls ihm etwas Gutes zu tun. „Magst du was zu trinken? “ frage ich. Er sagt : ja klar, Cafe, schwarz, kein Zucker. Ich marschiere zum nächsten McDonalds und investiere 1.40 oder so in einen Moment des Glücks.
Ich gehe wieder zu ihm und drücke ihm den Cafe ihn die Hand. Ungefähr so, als ob man einem Bekannten etwas in die Hand gibt, weil ich mir vorstellen kann dass es ihm vielleicht unangenehm ist.
Er lächelt über das ganze Gesicht.
Beschwingt gehe ich meinen Weg und bin dankbar. Einfach nur dankbar – ihm einen Gefallen getan zu haben ohne etwas zurück zu wollen. Ihm ein Stück würde gegeben zu haben. Wo er heute wohl ist ?
Comments (0)